Sehr geehrter Herr Professor Rogall,
sehr geehrte Damen und Herren vom
Vorstand
der Robert-Bosch-Stiftung,
sehr geehrter Herr Minister Schmid,
am 03.12.2015 fand ein Treffen des Vorstands der Robert- Bosch-Stiftung (zu 92% Besitzer des multinationalen Unternehmens Robert-Bosch GmbH, v. a. Autozulieferer) und des Jüdischen Nationalfonds (JNF) sowie Vertretern der israelischen Botschaft, der baden-württembergischen Landesregierung (Wirtschaftsminister Nils Schmid) und Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik in Stuttgart statt. Dabei ging es, laut den Berichten der Jüdischen Allgemeinen vom 10.12. 2015 und des Jüdischen Nationalfonds vor allem um gemeinsame Projekte in Drittländern. Die beiden Organisationen scheinen in erster Linie Afrika und arabische Länder im Blick zu haben. Nachhaltigkeit und Innovation sind zentrale Begriffe, die in den Berichten immer wieder genannt werden. Es geht auch um Nutzung von deutschem Know-how durch den JNF.
Links: BDS-Südafrika protestiert bei der COPI-Klimakkonferenz 2015 in Paris gegen den JNF
Rechts: Befestigung eines Schildes um ein unter einem JNF-Wald verborgenes palästinensisches Dorf zu markieren Video: Tour of Khirbat al-’Umur |
Eine zentrale Sorge der Vertreter von JNF und Robert-Bosch- Stiftung war beim Treffen Thema: Die JNF-Projekte werden häufig abgelehnt, die Robert-Bosch-Stiftung soll bei der Zusammenarbeit wesentlich als Türöffner dienen. Die genannten Absichten stoßen bei uns auf entschiedenen Widerspruch, denn die Ablehnung des JNF ist gut begründet.
Auf der Grundlage von Recherchen, unter anderem vor Ort, wissen wir, dass die Geschichte und die rassistischen Aktivitäten des JNF nicht – wie behauptet – der Nachhaltigkeit und dem Umweltschutz dienen, sondern zentral verknüpft sind mit der Vertreibung der Palästinenser und der ethnischen Säuberung im historischen Palästina.
Wie die israelischen Historiker Benny Morris (The Birth of the Palestinian Refugee Problem, Cambridge, 2004), Ilan Pappe (Die ethnische Säuberung Palästinas, dt. Ausgabe 2007) sowie der Sozialwissenschaftler Uri Davis (The Jewish National Fund, 1988) materialreich belegen, waren es gerade die Repräsentanten des JNF, die auf den „Transfer“ der arabischen Bevölkerung außer Landes drängten, um den Boden in Besitz zu nehmen und eine möglichst ausschließlich jüdische Bevölkerung zu erreichen. Der ehemalige Vorsitzende der JNF-Landabteilung Yosef Weitz schreibt in My Diary, Band 2, z.B. „Die einzige Lösung ist, die Araber von hier in Nachbarländer umzusiedeln. Kein einziges Dorf und kein einziger Stamm darf ausgelassen werden.“
Was der JNF-KKL als „Aufforstungs- und Begrünungsmaßnahmen“ bezeichnet, hatte nach 1948 meist die Funktion, die Überreste der Dörfer zu verdecken, deren Bewohner von zionistischen Milizen vertrieben worden waren. So sollte verhindert werden, dass die palästinensischen Flüchtlinge ihr Recht auf Rückkehr geltend machen (dieses individuelle Menschenrecht bestärkt die UN-Resolution 194 aus dem Jahr 1948). Die Rückkehr in ihr Dorf oder ihr Haus wird selbst den Palästinensern verwehrt, die ins nächste Dorf flüchteten (1) (2).
Auf den Ruinen eines palästinensischen Dorfes steht übrigens auch der „Wald deutscher Länder“ im Negev, für den viele getäuschte Bürger der Bundesrepublik spenden.
Vor der Vertreibung im Jahr 1948 lebten dort die Abu-Sukut und die Familie von Dr. Awad Abu Freih. In einem youtube-Film schildert der im Land lebende Dr. Awad Abu-Freih auf Hebräisch (Film mit englischen bzw. deutschen Untertiteln), welche Reste seines Dorfes der JNF unter diesem Wald verbirgt. Er stellt klar, dass er und seine Familie den Anspruch der Rückkehr auf das ihnen gehörende Land, nie aufgegeben haben (3).Bekannt geworden ist die Rolle des JNF in den vergangenen Jahren vor allem durch die Zwangsumsiedlung der Palästinenser im Negev (israelische Staatsbürger) und der Zerstörung ihrer Häuser und Dörfer. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat im Jahr 2008 eine Studie zur Situation der Negev-Palästinenser herausgegeben, in der die zentrale Rolle des JNFs bei der systematischen Diskriminierung der Palästinenser beschrieben wird (an der Rolle des JNF für die Sicherung der Apartheidverhältnisse hat sich bisher nichts geändert): „Der Staat kontrolliert 93 % des Landes in Israel und eine staatliche Behörde, die israelische Land Verwaltung (ILA), verwaltet das Land und weist es zu. Die ILA hat keinerlei Mandat, das Land fair und gerecht zuzuteilen. Die Mitglieder des JNF, der den expliziten Auftrag hat, Land nur für den Gebrauch durch Juden zu erschließen, besetzen fast die Hälfte der Sitze im leitenden Rat der ILA.“ (4) (Übersetzung Pako) Für den Landbesitz in den Händen des JNF gilt: „Von den 13 % des Landes in Israel, die der JNF besitzt, sind die Palästinenser daher per Definition ausgeschlossen.“(5) (Übersetzung Pako)
Bleibt anzumerken: 80% des Bodens innerhalb der Grenzen der Waffenstillstandslinie von 1948 wurde von den Staatsbehörden konfisziert und nicht gekauft. Die Landgesetze des Staats Israels und das Vorgehen der Behörden sowie des JNFs in der Vergabe des Bodens stellen – bis heute – eine eindeutige Verletzung der 4. Genfer Konvention, Artikel 147 dar.(6)
Das Vorgehen gegen die Palästinenser im Negev durch die staatlichen Institutionen und den JNF alarmierte auch das EU-Parlament, das im Jahr 2012 eine klare Verurteilung aussprach (Resolution des EU-Parlaments 5. Juli 2012, P7_TA(2012)0298 - Abschnitte Q und 12).
Die zentralen Aktivitäten des JNF stellen glasklare Apartheid-Projekte dar, in die auch Spenden aus dem Ausland fließen. Im Dezember 2013 berichtete Allison Deger auf dem bekannten US-amerikanischen Blog Mondoweiss: „In den nächsten 10 Jahren plant der JNF einen 1-Milliarden- Dollar-Beitrag zu Programmen, die die nordamerikanische Immigration in exklusiv-jüdische Siedlungen im Negev und in Galiläa fördern… In einem Spendenprojekt preist der JNF einen 400 Millionen Plan für die Wüste im Süden an, wo 18 exklusiv jüdische Siedlungen errichtet werden sollen, und ähnliche Ansiedlungen in Galiläa unter dem Pionier- Motto ,Nach Norden‘. Die bevorzugten JNF-Gebiete sind die Regionen des Staats Israel mit der höchsten Bevölkerungsdichte von Palästinensern.“(7) (Übersetzung Pako)
In der Folge entziehen ILA und JNF den Palästinensern die Existenzgrundlage. Im Negev werden derzeit unter anderem die palästinensischen Dörfer Um Al Hieran (700 Einwohner) und Atir (500 Einwohner) zerstört, obwohl selbst ein Gericht die einwandfreie Rechtsgrundlage der Dörfer bestätigt hat. Um Al Hieran soll einer exklusiv jüdischen Siedlung und Atir dem JNFWald Yatir weichen. Das sind nur zwei bekannte Beispiele. (8)
Beim Siedlungsbau in der Westbank spielt der JNF ebenfalls eine zentrale Rolle. Die jüdisch-palästinensische Initiative Tarabut zeigte in ihrem Bericht vom Januar 2013, wie der JNF mit seinen Projekten den Wasserraub im Jordantal unterstützt. Das vom JNF gebaute Tirza-Reservoir (1997-2003) staut die Hochwasserfluten des größten Westbankflusses, führt es den israelischen Siedlungen zu und schafft Wassermangel in der Umgebung. Es war der JNF, der die Alon-Straße baute (1980), die die Palästinenser im Westbank-Bergland von denen im Jordantal isolierte. (9) (10)
Umweltexperten widersprechen entschieden der Selbstdarstellung des JNF, eine ökologische Organisation zu sein. Der Schotte Eurig Scandrett nahm 2012 als Experte an einer Exkursion von Friends of the Earth in die JNF-Parks teil. In einer detaillierten Analyse der JNF-Aktivitäten kommt er zum Ergebnis: „Alle Naturschützer sollten erkennen, dass der JNF keine Umweltorganisation ist. Er ist ein rassistisches Instrument der kolonialen Ausbeutung der palästinensischen Umwelt.“ (11) (Übersetzung Pako)
Je mehr die Aktivitäten des JNF in die internationale Öffentlichkeit gelangen, desto mehr verweigern sozial und ökologisch engagierte Initiativen die Zusammenarbeit. So schlossen die finnischen Organisatoren des World Village Festivals (Kepa – eine Dachorganisation von 300 Initiativen) im Mai 2015 den JNF nach genauerer Prüfung von ihrer Veranstaltung aus. (12)
Die palästinensische BDS-Bewegung mit über 170 zivilgesellschaftlichen Organisationen (Parteien, Gewerkschaften u. a.) sowie die gesamten internationalen BDS Unterstützer fordern zum Boykott des JNF als zentraler Säule des Kolonialismus in Palästina auf. Die Bewegung ist auch in diesem Punkt international erfolgreich. In Südafrika stoppte die Spielwarenkette Reggies toy stores 2013 nach landesweiten Protesten ihre Unterstützung des JNF (13). Der englische Premierminister David Cameron zog sich 2011 stillschweigend von seiner Position.,, als Förderer (patron) des JNF zurück. (14) Die Ablehnung des JNF hat eine lange durch vielerlei Erfahrungen und Recherchen begründete Geschichte. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Robert-Bosch-Stiftung oder der baden-württembergische Minister Nils Schmid ihren guten Namen dafür einsetzen, dass beispielsweise Afrikaner, die unter Kolonialismus und Apartheid gelitten haben, über solche Tatsachen hinwegsehen.
Wenn die Robert-Bosch-Stiftung solche illegalen Aktivitäten des JNFs unterstützt, verlieren Sie und das Unternehmen besonders im Nahen und Mittleren Osten bei vielen Menschen das Vertrauen, das Bosch international genießt.
  WIR FORDERN SIE AUF:
Wir wollen den Protestbrief mit möglichst vielen Unterzeichnern (Personen, Vereine, Initiativen) so schnell wie es geht an die Adressaten und an die Medien vor Ort schicken.
Wir bitten euch, uns eure Unterschriften Name, Stadt und eventuell Verein oder Organisation zu schicken. Einzelpersonen können besonders schnell agieren. Wir müssen stark und entschlossen wirken.
Hier Unterzeichnen:
gav.rajab@online.de
Weitere Infos im Internet: senderfreiespalaestina.de/jnf/index.html senderfreiespalaestina.de/jnf-links.htm ipk-bonn.de/gesellschaft/news/2013032601.html
Open Letter English version (PDF) – Open Letter Hebrew version (PDF)
(PDF) Ne portez pas atteinte à la bonne réputation de la Fondation
Robert Bosch en collaborant avec le Fonds National Juif
Liste der bisherigen Unterzeichner (03.02.2016)
Ein Bericht über das Treffen in der Bosch-Villa von der Zeitung die Jüdische Allgemeine:
Tikkun Olam auf Schwäbisch