Außenministerin Baerbock und ihr Ministe­rium haben das nicht dokumentiert. Doch die Razzia in Nablus am Mittwoch, 22. Februar 2023, ist ein erschreckendes Beispiel dafür, wie brutal und menschen­rechtswidrig die israelische Armee vorgeht. 11 Palästinenser wurden getötet mit scharfer Munition, 100 wurden verletzt. Der Artikel dokumentiert das Vorgehen mit mutwillig tödlicher Gewalt gegen offen­sichtlich Unbewaff­nete, Behinderung von Sanitätern u.a. Maureen C. Murphy beleuchtet auch die politischen Hinter­gründe, vor denen die gewalttätige Razzia der israelischen Armee in Nablus ablief. 

Amira Hass verfasst eine ernste Warnung: „Die gegenwärtige Regierung ist gefährlich für viele Jüdinnen und Juden, auch für diejenigen, die für die Parteien der Regierungskoalition stimmten. Aber in erster Linie ist sie gefährlich für alle Pal­ästinenser:innen, auf beiden Seiten der Grünen Linie. Sie könnte verschiedene Vertreibungspläne verwirklichen, die ihre ranghohen Minister – Bezalel Smotrich und Itamar Ben-Gvir – offen vorantreiben. Sie begnügen sich nicht mit den ‚kleinen‘ und indirekten Arten der Vertreibung von früheren Arbeitspartei- und Likud-Regierung­en – wie etwa Bauverbote für Palästinenser und ihre Verdrängung in das Gebiet A, ihre Abschieb­ung ... den Entzug ihres Aufenthaltsstatus.“

Das von Siedlern angezündete palästinen­sische Dorf Huwwara erschreckte auch in den Nach­richten um den Besuch des israelischen Außen­ministers Cohen in Berlin am 28. Februar 2023. Zuvor hatten Palästinenser als Reaktion auf die blutige Razzia in Nablus, 2 israelische Siedler getötet.  Dabei hatte nach dem von der US-Regierung arrangierten Treffen von Abbas von der Palestine Authority und der israelischen Sicherheitsbehörde doch alles nach „Beruh­igung“, ”Pause des Siedlungsbaus“ ausgesehen. Maureen C. Murphy analysiert, warum das von den USA angewandte Verfahren nach Oslo-Muster den israelischen Brandstiftern eine Feuerfackel in die Hand drückt. 

„Für einen Südafrikaner kann ein Besuch in Paläs­tina (einschließlich des israelischen Teils) eine traumatische Erfahrung sein; die Erinnerung an eine Vergangenheit, die durch Diskriminierung, „getrennte Entwick­lung“, Landraub und extreme staatliche Gewalt und Kontrolle gekennzeichnet ist. Doch selbst wenn man weiß, dass es Ähnlich­keiten zwischen der südafrika­nischen Vergangen­heit und der palästinensischen Gegenwart gibt, ist das keine ausreichende Vorbereitung auf die Erfahrung, die einen von der Ankunft bis zur Abreise überfällt. Denn Israel hat viel mit dem Apartheid-Südafrika gemein, ist aber auch viel, viel schlimmer." –  Naeem Jenah vergleicht systematisch die beiden Systeme. 

Mit den Prinzipien eines demokratischen Rechts­staats ließen sich die Verbote der Gedenkkundposition:absolute;top:10px;left:10px;­gebungen und -demonstra­tionen zur palästinen­sischen Nakba im vergangenen Jahr in Berlin nicht vereinbaren. Betroffene klagen und bekom­men Recht: „Aktivisten in Berlin feiern einen Sieg, nachdem ein Gericht die Anklage gegen eines ihrer Mitglieder abgewiesen hat. Ihm war vorgeworfen worden, ‚illegal‘ für die Rechte der Palästinenser demonstriert zu haben.
Wir freuen uns, dass die absurden Anklagen gegen einen unserer Genossen fallen gelassen wurden und fordern dasselbe für alle Festgenom­menen“, erklärte der Jüdische Bund, eine antifaschistische linke Gruppe....“

Die American Bar Association (ABA) [Rechtsan­waltskammer der USA] verabschiedete vor kurzem eine Entschließung zur Verurteilung von Antisemitismus, nachdem sie einen Verweis auf die umstrittene Arbeitsdefinition der Inter­national Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) entfernt hatte. Kritiker der Definition warnen schon seit langem, dass diese als Instrument zur Unterdrückung von Aktivismus  für palästinensische Rechte und Redefreiheit eingesetzt werden kann.

Der Freund und Mitstreiter für palästinen­sische Rechte Clemens Messerschmid ist am 8. Februar 2023 überraschend in Ramallah gestorben. Als Hydrogeologe arbeitete er mehrere Jahrzehnte in Palästina und für die Palästinenser. Er  ließ sich durch die oft harten Bedingungen in keiner Weise verbiegen. Klar und deutlich benannte Clemens Messerschmid, wo die Ursachen für den extremen Wassermangel liegen, unter dem die Palästinenser in den 1967 besetzten Gebieten leiden – nicht an der Trockenheit, nicht an tech­nischem Unwissen, sondern an der Besatzung und an der politischen Konstellation. Dies kommt auch klar im Interview zum Ausdruck, das er im Jahr 2016 mit dem Bayrischen Rundfunk führte und auf das wir verlinken.

Die Schauspieler Mark Ruffalo, Susan Sarandon, Viggo Mortensen sowie auch Arundhati Roy, Naomi Klein, Ken Loach, Peter Gabriel, Marianne Faithful und Annie Ernaux gehören zu den 50 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die eine Erklärung unterzeichneten, mit der sie die Entschei­dung der Bürgermeisterin Ada Colau von Barcelona unterstützen, die Beziehungen zum Staat Israel abzubrechen. Damit ist die 25-jähr­ige Städtepartnerschaft zwischen Barcelona und Tel Aviv unterbrochen. Dies soll solange gelten, bis der Staat Israel seine Angriffspolitik auf die Palästinenser und ihre Rechte stoppt. 

Die One Democratic State Campaign mit ihren palästinensischen und jüdischen Mitgliedern kritisiert die Ausgrenzung der Palästinenser aus den Protesten gegen die ultrarechte Regierung:
„Die Alternative: Aufbau einer Befreiungs­bewegung gegen ein koloniales Regime statt Demonstration zur Verteidigung der „jüdischen Demok­ratie“....
Die Proteste beziehen sich nie auf die andere Seite der israelischen „Demokratie“: den Aus­schluss palästinensischer Bürger, die, wie die „Oppositions“-Führer deutlich machen, weder bei den Protesten willkommen sind noch als legitimer Bestandteil des politischen Systems angesehen werde.“

Medien und Politiker haben den Anschlag von Khairy Alqam in der israelischen Siedlung Neve Yaakov, bei dem sieben israelische Siedler getöt­et wurden, falsch dargestellt, kritisiert der Jerusalemer Schriftsteller Jalal Abukhater. Zur tendenziös fehlerhaften Darstellung gehört, beim Ort des Anschlags habe es sich um einen Jerusalmer Stadtteil gehandelt. In Wirklichkeit ist Neve Yaakov eine völkerrechtswidrige Siedlung auf geraubtem palästinensischen Land. Neve Yaakov beherbergt außerdem die zentrale Kommandostelle des israelischen Militärs für die Westbank. Der Anschlag fand in der Nähe statt, all dies zeigt, dass vorschnell von religiösen Motiven gesprochen wird. Dazu kommt die Geschichte der Familie von Alqam.

Das israelische System der medizinischen Geneh­migungen, das Palästinenser, die eine lebensrettende Behandlung benötigen, daran hindert, in andere Gebiete zu reisen, ist ein zusätzlicher Mechanismus zur Kontrolle und Gewaltanwendung gegenüber der palästinens­ischen Bevölkerung.
Am diesjährigen Internationalen Kinder­krebstag veröffentlichte das Palästinensi­sche Zentrum für Menschenrechte (PCHR) einen erschütternden Bericht, aus dem hervorgeht, dass im Gazastreif­en 350 krebskranke Kinder leben, die dringend eine ständige und schnelle Behandlung benötigen.

„Nach dem Zweiten Weltkrieg nahmen die Staaten den Kampf gegen den Antisemitismus zu Recht sehr ernst. Doch diese Mission darf die Unterdrückung der Palästinenser:innen durch den Staat Israel nicht befördern.“ Alon Confino ist bekannter Holocaustforscher, er setzt sich für die Bewahrung der universellen Werte als Konsequ­enz aus dem Holocaust ein. Der Text ist eine überarbeitete Fassung eines Vortrags über Antisemitismus, der am 12. Januar im italienisch­en Senat, Rom, auf einer Veranstaltung zum Bericht von Francesca Albanese, Sonderbericht­erstatterin der Vereinten Nationen für Mensch­enrechte in den besetzten palästinensischen Gebieten, gehalten wurde, der der UN im vergangenen September vorgelegt wurde.

Auch Reporter ohne Grenzen kritisiert den Umgang des israelischen Geheimdiensts und der israelischen Armee mit palästinensischen Journalisten. Übergriffe, Verwaltungshaft gehören zu den Schikanen. Im Artikel berichtet Basil Adra über die Erfahrungen von Abdul Mohsen Shalaldeh: „Um 2:00 Uhr morgens brachen Soldaten in mein Haus ein und sagten, sie seien gekommen, um mich festzunehmen“, erklärte Shalaldeh, ein palästinensischer Reporter der Zeitschrift J-Media. Ein Mann des Shin Bet, der sich als ‚Captain Kerem‘ vorstellte, kam in mein Schlafzimmer und forderte mich auf, mich anzuziehen und mit ihm zu gehen.“

Die internationalen Bemühungen zur Kriminal­isierung der Kritik an Israel machen neue Fortschritte. Mit dem Gewicht zahlreicher westlicher Regierungen erneuerte die so genannte Interparlame­ntarische Task Force zur Bekämpfung von Online-Antisemitismus ihre Bestrebungen, Kritik an Israel als Antisemitismus zu bezeichnen und damit eine Online-Zensur solcher Kritik zu ermöglichen.

Israelische Geschäftsleute behaupten, mehr als 30 Wahlen in der ganzen Welt manipuliert zu haben. Dies geht aus einer eingehenden Unter­suchung hervor, die der Guardian am Mittwoch veröffentlichte. Der ehemalige israelische Special-Forces-Agent, Tal Hanan, leitete ein Agenten-Team, das mittels Fehlinformationen, Hackeran­griffen und Sabotageakten versuchte, den Ausgang von Wahlen zu beeinflussen. Die verdeckte Untersuchung wurde von einem Zusammenschluss von Journalisten aus 30 Medienorganisationen unternommen, darunter Haaretz, Le Monde und Der Spiegel.