Attia Rajab spricht mit dem Direktor des Palestinian Centre for Human Rights (PCHR) in der Neuen Rheinischen Zeitung.
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Dr. Mazin Qumsiyeh lehrt und forscht an den Universitäten von Bethlehem und Birzeit im besetzten Palästina. Er ist Vorsitzender des Palästinensischen Zentrums für die Versöhnung der Völker und Koordinator des Volkskomitees gegen Mauer und Siedlungen in Beit Sahour. Unter seinen zahlreichen Publikationen sind insbesondere "Sharing the Land of Canaan: Human Rights and the Israeli/Palestinian Struggle" und "Popular Resistance in Palestine: A History of Hope and Empowerment" hervorzuheben.
Geboren und aufgewachsen in einer christlich-palästinensischen Familie in Beit Sahour nahe Bethlehem, studierte Qumsiyeh an Universitäten in Jordanien und den Vereinigten Staaten Biologie, Zoologie und Genetik. Später lehrte er an der Universität von Tennessee sowie in Duke und Yale. Nach den Erfahrungen seiner Jugend unter israelischer Besatzung lernte er auf Forschungsreisen im Nahen Osten, in Europa und Afrika wie auch während seines langjährigen Aufenthalts in den USA, deren Staatsbürgerschaft er besitzt, Menschen aus den verschiedensten Kulturen kennen.
Seit etwa 15 Jahren engagiert sich Qumsiyeh für soziale und politische Anliegen seiner Landsleute. Er ist Mitbegründer zahlreicher Organisationen der Basisbewegung und setzt nicht zuletzt die elektronischen Medien zu deren Unterstützung ein. Siehe dazu sein Blog Popular Resistance (popular-resistance.blog.com). In Vorträgen, eigenen Artikeln für linke Webseiten wie Electronic Intifada und Interviews mit Medien wie der Washington Post, der New York Times, des Boston Globe, CNBC, C-Span und ABC nimmt er regelmäßig Stellung zu Fragen des Nahen Ostens und tritt dabei für eine pluralistische Lösung des Konflikts im Land Kanaan ein.
Nachdem der zunächst ins Auge gefaßte Interviewtermin am 29. Juli an der vorübergehenden Festnahme Qumsiyehs am Rande einer Protestaktion bei Bethlehem durch die israelischen Behörden gescheitert war, hatte der Schattenblick wenige Tage später Gelegenheit, das Gespräch per Skype mit ihm zu führen.
Schattenblick: Dr. Qumsiyeh, Sie haben von 1979 bis vor dreieinhalb Jahren als Wissenschaftler an den renommiertesten Universitäten der USA gearbeitet. Sie hätten dort Ihre akademische Karriere ohne weiteres fortsetzen und später einen angenehmen Lebensabend verbringen können. Statt dessen sind Sie ins besetzte Westjordanland zurückgekehrt, obwohl Sie wußten, daß Ihnen als Palästinenser ein ärmeres, beschwerlicheres und gefährlicheres Leben bevorstand. Können Sie uns die Gründe für Ihre Entscheidung erläutern?
Mazin Qumsiyeh: Es stimmt schon, daß es mir wirtschaftlich erheblich besser gegangen wäre, wäre ich in den USA geblieben. Mein Hauptbeweggrund für die Rückkehr war der Wunsch, etwas zur Verbesserung der menschlichen Lage beizutragen. Ich habe während meiner Zeit in den USA immer für die Sache der Palästinenser gekämpft und auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Ich hatte aber das Gefühl, daß ich zu Hause in Palästina mehr erreichen könnte und auch als Wissenschaftler und Universitätsdozent hier mehr gebraucht werde, als wenn ich in den USA geblieben wäre.
SB: Bei welcher Organisation in Palästina sind Sie hauptsächlich tätig?
MQ: Ich engagiere mich als Freiwilliger bei einigen örtlichen Gruppen hier in Beit Sahour wie zum Beispiel dem Palestinian Centre for Rapprochement between People, dem Al Rowwad Kulturzentrum und Theater im Flüchtlingslager Aida und vielen anderen mehr. Ich arbeite in Teilzeit als Professor an den Universitäten von Bethlehem und Birzeit.
Zum vollständigen Interview schattenblick.de
Salman Abu Sitta, Memo-Middle East Monitor, 10. Juli 2011: Wenn sich nicht politische Weisheit durchsetzt, wenn keine wichtigen Entscheidungen getroffen werden, in denen ALLE Palästinenser vertreten sind, und wenn wir nicht aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, indem die vorherige Politik und Methoden verändern und die sie machten auswechseln, dann beginnen wir mit einem Desaster, das größer und katastrophaler ist als das Oslo-Abkommen. Wenn die heutige unnachgiebige Bemühung um einen „unabhängigen Staat Palästinas“ schon vor 1947 bestanden hätte, dann hätten wir begeistert applaudiert und unser Leben dafür geopfert, wie es unser Volk seit 1920 tat.
Die Liga der Nationen erkannte in Artikel 22 seiner „Charta der Unabhängigkeit Palästinas“ vom Meer zum Fluss und von Ras al-Naqura bis Um Rashrash an und platzierte es unter Kategorie A Mandat wie den Irak; das bedeutete einen unabhängigen Staat, der nur Hilfe und Rat von der Mandatsregierung brauchte, um seine Institutionen aufzubauen. Der Irak war der Zwilling von Palästina mit dem Unterschied, dass der Irak ein unabhängiger Staat wurde und Palästina nicht. Das britische Mandat unterminierte diese legale Grundlage, indem es jüdische Immigranten nach Palästina ließ und keine palästinensische parlamentarische Vertretung zuließ, solange die Mehrheit der Bevölkerung Palästinas Araber waren. Dann unterminierten die Zionisten die ganze Grundlage, indem sie Palästina in zwei Phasen eroberte, 1948 und 1967.
Der große Unterschied zwischen der Mandatsperiode und heute ist, dass das palästinensische Volk vor 1947 Bewohner ihrer Heimat waren und zwar seit Tausenden von Jahren dort verwurzelt. Die Forderung nach Unabhängigkeit im Land war deshalb selbstverständlich, wie es der Fall war mit britischen Kolonien und Protektoraten. Heute hat die zionistische Bewegung durch brutale Gewalt seinen Mythos erreicht, dass „Palästina ein Land ohne Volk“ ist, indem sie die palästinensische Bevölkerung ethnisch säuberte. Deshalb ist die Situation, der sich Palästinenser heute gegenüber sehen, sehr verschieden. Die Priorität müsste jetzt sein, dass Palästina noch einmal zu dem Land zurückkehrt, auf dem sein Volk lebt, wie andere Völker in der Welt. Dann kann das Volk für Unabhängigkeit und Freiheit in seiner Heimat kämpfen.
Es ist kein Zufall, dass David Ben Gurion noch bevor er Israel schuf und bevor das Mandat endete, die größte organisierte ethnische Säuberung in der modernen Geschichte ausführte und die Bevölkerung von 220 Städten und Dörfern aus ihrer Heimat Palästina vertrieb: aus der Küstenebene, in Marj Bin Amer und Tiberias, und danach wurden die Menschen aus 400 weiteren Dörfern vertrieben. Es ist auch kein Zufall, dass Israels Mitgliedschaft in der UN mit zwei Forderungen verbunden war: dem Einverständnis mit der UN-Resolution 181 (Teilung des Landes), dass sich Israel zurückziehen muss; und ein Jahr nach der Teilungsresolution die Resolution 194, dass die palästinensischen Flüchtlinge in ihre Häuser zurückkehren in jeden von Israel besetzten Teil Palästinas.
In den 93 Jahren nach der Balfour-Erklärung war es der Plan der Juden, immer mehr Land Palästinas an sich zu reißen. Doch anstatt 80% des historischen Palästina einem arabischen Staat zuzuweisen, wie es die Peel-Kommission 1937 vorschlug oder 45%, wie es der Teilungsplan 1947 vorschlägt, ist der palästinensische Anteil ihres Landes auf nur 20% ihres historischen Landes zusammengeschrumpft. Diese 20% sind das Maximum, das von der palästinensischen Behörde gefordert wird. Es schrumpfte sogar noch weiter: zu nur 5 % von Palästina – nach Benjamin Netanyahus Plan. Klar, jeder UN-Teilungsvorschlag kann unmöglich die ethnische Säuberung eines Teils der Bevölkerung zu Gunsten eines anderen Teils erwarten oder akzeptieren. Es war deshalb kein Zufall, dass die internationale Gemeinschaft darauf bestand, dass Israel als Bedingung seiner Zulassung zu den UN die ethnische Säuberung durch die Rückkehr der Palästinenser in ihre Häuser rückgängig macht.
So ist die Rückkehr der Flüchtlinge eine wesentliche Forderung bevor jede weitere Diskussion stattfinden kann, weil das Rückkehrrecht „ein unveräußerliches Recht“ und jeder Souveränitätsanerkennung im ganzen oder in Teilen des Heimatlandes übergeordnet. Solch eine Anerkennung ist ein politischer Akt, der variieren mag entsprechend den politischen Umständen. Wir brauchen nur auf geteilte oder vereinigte Länder schauen, besonders in Europa während des 20. Jahrhundert.Das Rückkehrrecht ist jedoch nicht nur für Palästinenser heilig, sondern ist auch ein legales Recht, das im Internationalen Recht enthalten ist, das nicht rückgängig gemacht oder weggehandelt werden kann. Es ist keine Ware zum Verkauf. Es ist auch ein individuelles Recht. Das erste Ziel bei der Errichtung der Palestinian Liberation Organisation (PLO) war die Befreiung Palästinas und nicht seine Teilung. Die PLO war ganz sicher nicht geschaffen worden, um die Aufteilung Palästinas legitim zu machen. Die Befreiung Palästinas bedeutet nicht notwendigerweise militärische Operationen; es kann durch andere Mittel erreicht werden, wie man in Indien und Süd-Afrika gesehen hat. Was mit Befreiung tatsächlich gemeint ist, ist ein Ende des zionistischen Siedlerprojektes und seine rassistische Politik, die das Blut von unschuldigen Menschen vergossen und das palästinensische Erbe zerstört hat. Befreiung wird auch die Juden vom Zionismus befreien, der in ihnen einen psychologisch kranken Staat geschaffen, der nach innen Ängste und nach außen Terror verbreitet. Wie Alan Hart schrieb: „Zionismus ist der wahre Feind der Juden“.
Was sollten wir also im kommenden September erwarten, wenn die palästinensische Forderung auf volle Mitgliedschaft der UN auf 20% des historischen Palästina bei der UN beantragt. Warum hat Israel seine Botschafter, seine Lobby im Westen und seine willfährigen Medien dahingehend instruiert, einen Krieg gegen die UN-Anerkennung Palästinas zu führen.
Wenn die Anerkennung verweigert wird, bleibt der Status quo, aber wenn sie akzeptiert wird, was macht dies für einen Unterschied? Es ist unnötig zu sagen, dass die NATO niemals benützt wird, um den Willen der internationalen Gemeinschaft zu erfüllen, wie sie es in vielen anderen Fällen getan hat. Die UN mag Israels Aggression und Besatzung des Gebietes „eines unabhängigen Mitgliedstaates“ verurteilen. Aber solch eine Verurteilung wird einfach noch ein paar Zentimeter zu dem Haufen vieler Resolutionen, die der zionistische Staat ignoriert hat, hinzufügen. Da es von den USA unterstützt wird, wird es in der Lage sein, ohne eine bloße Drohung von Sanktionen weiter zu machen. Aber was gefährlicher und wahrscheinlicher ist, ist, dass so der Weg für „Friedensverhandlungen“ bereitet werden, unterstützt von Europa und Amerika, die einen palästinensischen Ministaat akzeptieren. Wir können es jetzt sehen: nach „harten Verhandlungen“ und „schmerzvollen Konzessionen“ wird ein Abkommen erreicht werden und Feierlichkeiten werden auf dem Rasen des Weißen Hauses mit Händeschütteln und einem Lächeln rund herum erreicht werden. Dieser Ministaat wird ein Nichts sein, das sich nicht verteidigen kann, keine Kontrolle über seine Grenzen, den Luftraum oder Land hat; keine Kontrolle über seine Wasserressourcen; und über seine endgültigen Grenzen wird man sich durch Landtausch einigen und möglicherweise durch erzwungenen Transfer von Menschen. Dies ist genau der Mini-Staat, nachdem sich Shimon Peres und Ehud Olmert sehnten und von dem sie glaubten, er sei unbedingt nötig, weil sonst „Israel am Ende sei“.
Das Schlüsselwort in diesem Szenarium ist „Landtausch“. Ein Projekt, das Netanyahu und sein rassistischer Außenminister Avigdor Liebermann unterstützen, ist seit Jahren von einem Team geplant worden, das von dem russischen Gideon Biger von der Uni Tel Aviv geleitet wird. Es enthält die Vertreibung der Palästinenser aus Israel selbst (wo sie ein Fünftel der Bevölkerung Israels ausmachen) und das Leben für die Palästinenser in der Westbank unerträglich machen, sodass sie „freiwillig“ gehen.
Dieser Plan übersieht eine einfache Sache: Israel gehört das Land nicht, das es 1948 besetzte oder die Gebiete, die es 1967 besetzte. Deshalb ist das Prinzip des Landtausches rechtlich ein Blindgänger. Auf der palästinensischen Seite ist ein Landtausch im Gegensatz zu den Glaubenssätzen der Palästinensischen Nationalcharta, die zu Einheit auf palästinensischem Boden aufruft (so übrigens auch in der Mandats-Charta) und kann deshalb nicht von irgend einer legitimen Nationalführung akzeptiert werden.
Aber was noch schlimmer ist, ist, dass solch ein Vorschlag das verstorbene Oslo-Abkommen legitimiert und verewigt. Obwohl die Teilung der Westbankgebiete in Zone A, B und C als eine vorübergehende Maßnahme gedacht war für die bevorstehende Errichtung eines palästinensischen Staates 1999 in der ganzen Westbank und im Gazastreifen, hat Israel diese Teilung vor Ort praktisch, rechtlich und verfahrenstechnisch gefestigt.
Also wird die große Zone C unter Israels Herrschaft bleiben, während Zone B praktisch unter Israels Herrschaft bleibt, wo es zu jeder Zeit jeden verhaften kann, aber Gemeindeaufgaben und Straßenreinigung der palästinensischen Behörde überlässt. Amira Hass schrieb in Israels Tageszeitung Haaretz, die Zone B ist eine Versteck für Diebe und Drogenhändler geworden und die PA wagt sich nicht sich, hier einzumischen.
Zone A wird der Käfig sein, in dem die Palästinenser der Westbank und diejenigen, die aus Israel ethnisch gesäubert werden, eingesperrt werden. Sie werden in der Lage sein, die Flagge eines „unabhängigen palästinensischen“ Splitterstaates zu hissen. Diese Nichtentität wird keine Ähnlichkeit mit dem „Staat Palästina“ haben, wie er vom Völkerbund 1920 anerkannt und sich vorgestellt wurde und wird auch nicht das Palästina sein, wie es von der Geschichte und dem palästinensischen Volk definiert und bekannt ist. Alle nationalen palästinensischen Rechte würden in diesem „Staat“ aufgehoben oder reduziert werden, einschließlich des unveräußerlichen Rückkehrrechtes. Solch eine „Rückkehr“ würde als Rückkehr in den palästinensischen Splitterstaat interpretiert werden, nicht in die ursprünglichen Häuser der Flüchtlinge. Da der Käfig zu klein sein wird, werden die Flüchtlinge aus dem Palästina von 1948 ständig im Exil bleiben müssen.
Es ist deshalb offensichtlich, dass Palästina während eines inklusiven demokratischen Prozesses, der alle Palästinenser einschließt, (nicht nur die von der Westbank und dem Gazastreifen) eine neu gewählte Führung braucht. Die Flüchtlinge in den Lagern in Jordanien, Syrien und dem Libanon müssen eingeschlossen sein und jene in der Diaspora auch. Sie gehören zum ersten Wahlkreis. Die neue Führung wird in der Geschichte und Geographie und den Rechten des palästinensischen Volkes gut informiert und gut vorbereitet sein, um sie zu verteidigen. Der hoch geachtete Schriftsteller Ghassan Kanafani sagte: „Wenn der Anwalt den Fall verliert, lasst uns den Anwalt wechseln, nicht den Fall.“
Dr. Salman Abu Sitta ist der Generalkoordinator des Rückkehrrecht-Kongresses. Er ist der Autor des bemerkenswerten Palästina-Atlas, der in sorgfältigen Details die Infrastruktur Palästinas dokumentiert - 1300 Städte und Dörfer und 11 000 Grenzsteine, einschließlich ursprünglicher Namen – bevor Israel 1948 entstand. Es ist ein Lebenswerk. Der Atlas Palästinas 1948 kann bei der Palestine Land Society erworben werden: plands.org info@plands.org
One Democratic State Group: odsg.org/co (dt. Ellen Rohlfs)
Laut Hillary Clinton, ist das gesamte Geschäft mit den Flottillen überflüssig. Wir wissen nicht, dass es nützlich oder hilfreich oder produktiv für die Menschen in Gaza sein wird“, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Washington, fügte hinzu, dass eine weit bessere Strategie sein würde, die Arbeit die bei den Vereinten Nationen stattfindet zu unterstützung“.
Die UN hat bereits die Gaza-Belagerung für illegal erklärt. Verschiedene Vertreter der Vereinten Nationen haben dies wiederholt erklärt und die internationale Organisation hatte Israel aufgefordert, die Belagerung zu beenden. Bemerkenswert unter den vielen Aussagen war ein 34-seitiger Bericht der Hohen Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Navi Pillay.
Veröffentlicht am 14. August 2009,beschuldigt der Bericht Israel des Verstoßes gegen die Regeln der Kriegsführung mit seiner Blockade, die Personen-und Warenverkehr in oder aus dem Gazastreifen verhindert, so die Associated Press.
Die Gaza-Blockade“, sagte Pillay: entspricht einer Kollektivbestrafung der Zivilbevölkerung, die unter den Genfer Konventionen über die Kriegführung verboten ist“. Bevor die 34 Seiten gründlich untersucht werden konnten, wies sowohl die USA als auch Israel die Ergebnisse zurück. Jetzt plötzlich drängt Clinton alle Beteiligten dazu, mit der Institution zu arbeiten, die ihr Ministerium wiederholt untergraben hat.
Vollständiger Artikel (englisch): www.ramzybaroud.net/
Breaking the Silence betritt mit seinem neuen Bericht Die Besatzung der Gebiete: Zeugenaussagen israelischer Soldaten 2000-2010 politisches Neuland. Bislang dokumentierte die israelische Reservistenorganisation lediglich die Informationen über die alltäglichen Realitäten in den besetzten Palästinensergebieten. Die israelische Gesellschaft sollte aufgerüttelt und das Schweigen über die alltäglichen Erniedrigungen in den palästinensischen Gebieten gebrochen werden.
Eine Reportage darüber finden sie auf der Website von medico international.
Als unser Mitglied, Phil, kurz nach der ägyptischen Revolution unterwegs in Kairo war,
hat er eine ganze Menge spannender Fotos aufgenommen. Eine kleine Auswahl davon ist hier zu betrachten.
Kairo, März 2011: Gruppe 1 Gruppe 2 Gruppe 3
Günter Rath war in April in Ägypten und hat seine Kairo-Bilder hier aufgeladen. Danke an die beiden!
Israel ist durch die ägyptische Revolution aus der Ruhe gebracht worden. Der Grund ist einfach: es fürchtet, dass der Friedensvertrag von 1979 nicht lange überlebt, ein Vertrag der Ägypten neutralisierte und somit Israels militärische Vorherrschaft in der Region während der folgenden drei Jahrzehnte garantierte.
Durch die Absonderung Ägyptens, dem stärksten und bevölkerungsreichsten arabischen Land, von den anderen arabischen Staaten, schloss der Vertrag jede Möglichkeit einer arabischen Koalition aus, die Israel hätte zurückhalten oder seine Handlungsfreiheit einschränken können. Wie der israelische Außenminister Moshe Dayan damals bemerkte: „Wenn ein Rad entfernt wird, dann kann der Wagen nicht mehr fahren.“
Westliche Kommentatoren beschreiben routinemäßig den Vertrag als „eine Säule der regionalen Stabilität“, „einen Grundpfeiler nahöstlicher Diplomatie“, „ein Kernstück amerikanischer Diplomatie“ in der arabischen und muslimischen Welt. So haben ihn sicher Israel und seine amerikanischen Freunde auch gesehen.
Aber für die meisten Araber war er eine Katastrophe. Weit davon entfernt Stabilität zu geben, lieferte er sie dem mächtigen Israel aus. Weit davon entfernt Frieden zu bringen, sorgte der Vertrag für die Abwesenheit von Frieden, da ein dominantes Israel keine Notwendigkeit sah, mit Syrien oder den Palästinensern Kompromisse zu schließen.
Vielmehr eröffnete der Vertrag den Weg für israelische Invasionen, Besatzungen und Massaker im Libanon und in den palästinensischen Gebieten, für Luftschläge gegen irakische und syrische Nuklearanlagen, für unverhohlene Drohungen gegen Iran, für 44 Jahre anhaltende Besatzung der Westbank, für die grausame Blockade des Gazastreifens und für die Fortsetzung einer Groß-Israel-Agenda durch fanatische jüdische Siedler und Nationalreligiöse.
Die arabischen Diktatoren wiederum beriefen sich auf die Herausforderung, der sie sich durch das aggressive und expansionistische Israel gegenübersahen, und konnten somit die Aufrechterhaltung einer straffen Kontrolle ihrer Bevölkerung mit brutalen Sicherheitsmaßnahmen rechtfertigen.
Wenn die Tunesier und Ägypter mit ihren Revolutionen Erfolg haben, ist es nach Ansicht Israels nicht gut, sondern sehr schlecht. Gebildete Araber sind schlecht für Israel. Sie sind keineswegs alle als „Islamisten“ gekleidet, und ziemlich viele von ihnen sprechen perfekt Englisch. Ihr Wunsch nach Demokratie wird ohne anti-westliche Rhetorik artikuliert.
Arabische Armeen, die nicht auf diese Demonstranten schießen, sind genau so schlecht wie viele andere Bilder, die so viele Menschen in aller Welt bewegten und begeisterten, sogar im Westen. Diese weltweite Reaktion ist auch schlecht, sehr schlecht. Das lässt die israelische Besatzung in der Westbank und im Gazastreifen und seine Apartheidpolitik innerhalb des Staates wie Akte eines typisch „arabischen Regimes“ aussehen.
Eine Zeit lang konnte man nicht sagen, was das offizielle Israel dachte. In seiner ersten vernünftigen Botschaft an seine Kollegen bat Ministerpräsident B. Netanyahu seine Minister, Generäle und Politiker, die Ereignisse in Ägypten nicht öffentlich zu kommentieren. Einen Augenblick lang dachte man, Israel habe sich aus einem nachbarlichen Schlägertyp zu dem verwandelt, das es schon immer war: ein Besucher oder ein „permanenter Bewohner“. Es scheint, dass Netanyahu wegen der unglücklichen Bemerkungen zur Situation besonders verlegen war, die General Aviv Kochavi ( Chef des militärischen Geheimdienstes) öffentlich dazu äußerte. Dieser israelische Spitzenexperte arabischer Angelegenheiten stellte zuversichtlich vor zwei Wochen in der Knesset fest, dass das Mubarak-Regime fest im Sattel sitze und auf Dauer stabil sei. Aber Netanyahu konnte seinen Mund nicht lange halten. Und als der Boss redete, folgten alle anderen. Ihre Antworten ließen die Kommentatoren von Fox News aussehen wie Peaceniks und Hippies der 60er-Jahre.
Das israelische Narrativ kann auf einen ganz einfachen Punkt gebracht werden: Es geht hier um eine Art iranische Revolution, bei der Al-Jazeera nachgeholfen hat, und dummerweise wurde sie vom US-Präsidenten Barack Obama genehmigt, dem neuen Jimmy Carter, und einer verblüfften Welt. Die früheren israelischen Botschafter in Ägypten waren die Vorreiter dieser israelischen Interpretation. Während sie in einer Kairoer Hochhauswohnung eingesperrt waren, brachen all ihre Frustrationen wie ein unaufhaltbarer Vulkan aus. Ihre Tirade könnte mit den Worten von einem von ihnen, Zvi Mazael, zusammengefasst werden: er sagte im israelischen TV-Kanal 1 am 28. Januar: „Dies ist sehr schlecht für die Juden, sehr schlecht.“
In Israel meint man natürlich Israelis, wenn man „schlecht für die Juden“ sagt, aber man meint auch, was schlecht für Israel ist, ist auch schlecht für alle Juden in aller Welt ( obwohl seit der Gründung des Staates genau das Gegenteil der Fall ist).
Aber was wirklich schlecht für Israel ist, ist der Vergleich. Egal wie das alles endet, es stellt den Irrtum und die Heuchelei Israels wie nie zuvor bloß. Ägypten machte die Erfahrung einer friedlichen Intifada mit tödlicher Gewalt von Seiten des Regimes. Die Armee schoss nicht auf die Demonstranten. Und der Innenminister, der noch vor dem Abgang Mubaraks und nach sieben Tagen des Protestes seine Schlägertypen gegen die Demonstranten schickte, ist entlassen worden und wird wahrscheinlich vor Gericht gebracht.
Hosni Mubarak ist es mit seiner letzten Rede nicht gelungen, das Volk zu beruhigen. Hunderttausende gingen nachts auf die Straßen, auch am Samstag hielt der Protest an. Nun endlich ist er weg!
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Unser Korrespondent und Palästina-Komitee Mitglied, Günter Rath, war vor Kurzem auf Reise in Südafrika und berichtet von einer Demo in Cape Town die internationale Unterstützung für den Kampf für Demokratie im Nahen Osten fordert:
Die Beziehungen der RSA zu Ägypten wurden im Oktober letzten Jahres durch einen Besuch von Premierminister Jacob Zuma in Kairo gefestigt“. Ägypten ist und war nie ein besonderer Handelspartner, jedoch wichtiger Gesprächspartner für die Entwicklung von freien Handelszonen in Afrika und für die internationalen, afrikanischen Organisationen. Im Hinblick darauf steht natürlich der gesamte Nahe Osten als Krisenregion auch im Blickfeld südafrikanischer Politik. Die gegenwärtigen, politischen Veränderungen in Ägypten werden in Südafrika mit großen Interesse verfolgt.
Mit Israel bestand unter dem Apartheidregime eine sehr enge wirtschaftliche und militärische Verpflechtung. Die Beziehungen zu Israel haben sich im Neuen Südafrika“ jedoch dramatisch verändert. Die BDS Kampagne ist stark präsent und wird von Universitäten und Gewerkschaften unterstützt. Das öffentliche Bewußtsein, daß Apartheid zwar in Südafrika abgeschafft ist, in Israel aber weiter existiert, ist in Südafrika ziemlich groß.
Hier ein Rückblick zu Artikeln von 2010 in unserer Homeseite.